Samstagsnachmittags, irgendwann in den 70er Jahren…
Ein Kino voller angehender Teenager, bis unter die
Haarspitzen mit Süßigkeiten vollgestopft. Mittendrin Klein-Andy, der wie die
anderen gebannt auf die Leinwand starrt. Dort wresteln gerade einige unglaublich
große Monster um die Wette, um sich dann dem eigentlichen Star des Streifens zu
stellen: Godzilla, dem König der
Monster. Dabei ist es egal, dass da eigentlich Darsteller in fantasievoll
gestalteten Gummikostümen durch Miniaturlandschaften laufen. Hauptsache es wird
sich eifrig gekloppt und die im Zuckerrausch befindliche Kinderschar laut
grölend jeden Schlag kommentiert.
Spätestens seit Pacific
Rim von Guillermo del Toro ist der Begriff Kaiju etwas geläufiger geworden. Im Japanischen werden damit die
jene gigantischen Monster bezeichnet, die seit den 1950er Jahren die Leinwände
des asiatischen Inselstaats heimsuchen. Dabei haben die Macher tief in die
Mythologie des Landes gegriffen, in der Schutzgeister einen festen Platz haben.
Entstanden aus dem Feuer von Atombombenversuchen mutet Godzilla nicht gerade als
eine gute Kraft an. Allerdings steht er auch für das atomare Trauma von
Hiroshima und Nagasaki, das zumindest im Original von 1954 kritisch betrachtet wird
und deutlich in der ungekürzten Fassung des Streifens zu Tage tritt.
Gojira, wie Godzilla eigentlich heißt, hat aber nicht nur
Wurzeln in der Mythologie, sondern auch in Hollywood. Produzent Tomoyuki Tanaka
war immer ein großer Fan von King Kong
gewesen, dessen Stop-Motion-Effekte ihn stark beeindruckt hatten. Doch nachdem
er The Beast from 20.000 Fathoms (Panik in New York, USA 1953) gesehen
hatte, wusste er wie er sein Monster auf die Leinwand bringen würde. In dem Streifen
mit Paul Hubschmid, der hier sein Hollywood-Debüt gab, wird durch
Atombombenversuche in der Arktis ein prähistorischer Dinosaurier wieder zum
Leben erweckt und macht sich dann in Richtung New York auf, um dort sein Revier
zu verteidigen. Als Vorlage für den Film diente eine Kurzgeschichte von Ray Bradbury,
der ein enger Freund von Ray Harryhausen war, der sich für die Spezialeffekte
verantwortlich zeichnete und mit Dinosaurier
in New York (so der deutsche DVD-Titel) ein Klassiker des Genres geschaffen
hat, der heute immer noch gerne von Filmemachern zitiert wird.
Aber zurück zu Gojira.
Die Idee war geboren, doch auch die japanischen Filmfirmen wollten mit
möglichst wenig Kosten den größten Profit machen. So wurde Gojira nicht als Puppe animiert, sondern man steckte einen Stuntman
in ein ausgefeiltes Gummikostüm, was ebenfalls zu einem relativ guten Ergebnis
führte. Für die Regie verpflichtete man den Routinier Ishiro Honda, der zum
Team um Akira Kurosawa gehörte. Er sollte vor allem den zwischenmenschlichen
Szenen eine gewisse Tiefe geben. Als der Film 1954 in Japan in die Kinos kam
wurde er nicht nur zu einem riesigen Erfolg, es wurde auch schnell der Ruf nach
einer Fortsetzung laut. Da war es egal, das Goijira am Ende in die ewigen
Jagdgründe geschickt wurde. Ein Jahr später stapfte er wieder durch Tokio.
Natürlich schwappte die Nachricht des Erfolgs auch in die
USA, wo durch einen Übersetzungsfehler aus Gojira
Godzilla wurde. Doch den Produzenten
war so kurz nach dem Zweiten Weltkrieg dann doch zu japanisch. So drehte man
einfach einige Szenen nach, in denen Raymond Burr einen amerikanischen
Journalisten spielte. Gleichzeitig wurde noch ein gutes Stück aus der
Originalfassung gekürzt. Eine drastische Kürzung erlebte Godzilla auch in
Deutschland, wo tiefergehende Charakterszenen rigoros der Schere zum Opfer
fielen; immerhin rund 15 Minuten.
All das änderte an dem aufkeimenden Kultstatus des Königs
der Monster nichts. In rund 30 Filmen konnte man das Monster als Bösewicht oder
als Helfer der Menschen bewundern. Um ihn herum wurde ein buntes Universum von
anderen Kaiju geschaffen, die sich dann auch in Filmen tummelten. Zeitweise gab
es sogar eine Monsterinsel, auf der der ganze Haufen hauste.
Angespornt von dem internationalen Erfolg wollten sich die
Amerikaner dann auch nicht lumpen lassen. Es musste ein eigener Godzilla-Film her. Aber in den 60er und
70er Jahren hatte kein großes Studio Interesse an dem Stoff. Es kam nur zu
diversen Koproduktionen mit kleineren Filmfirmen. In den 80ern wurden dann
erste Versuche unternommen, doch die japanische Filmfirma Toho wacht streng
über ihre Rechte. Als Roland Emmerich sein Projekt zum Rollen brachte, musste
er sich den harten Vorgaben von Toho beugen, sonst wäre sein Film nicht
zustande gekommen. Im Nachhinein wäre das vielleicht auch besser gewesen.
Emmerich versuchte das Monster neu zu erfinden. Das Resultat war ein passabler
Monsterfilm, aber kein Kaiju-Film. Übrigens, kurz nach Emmerichs Streifen nahm
Toho die Produktion der sogenannten Millenium-Serie
mit Godzilla wieder auf. Hier wurde
dann schnell klar, dass der amerikanische Film keine Auswirkung auf die
eigentliche Serie hatte. Vielmehr war Emmerichs Godzilla für Sony Pictures einer der schlimmsten Flops überhaupt.
2004 endete dann aber auch in Japan die Gojira-Ära ihrem Ende. Godzilla:
Final Wars wurde zum 50jährigen Jubiläum in die Kinos gebracht. Nun durfte
der große grüne Kerl gegen alle Monster antreten, auch gegen den Emmerich Godzilla. Das krude Mix aus Kaiju- und
Martial Arts-Film hat zwar seine Reize. Aber so richtig warm wurden die
Zuschauer damit nicht. Nach dem Kinoeinsatz beschloss Toho eine Pause, die erst
mit Gareth Edwards Godzilla endete.
Was zeichnet Edwards Film aus? Nun, er will das Rad nicht
neu erfinden. Vielmehr ist er eine große Hommage an Ishiro Hondas Erstling.
Klar, an dem Monster selbst hat man einige kleine Veränderungen vorgenommen,
aber das haben auch schon die Japaner im Verlauf der Filme gemacht. Im
Gegensatz zu Emmerich erkennt der Zuschauer allerdings, um welches Monster es
sich handelt. Es gibt einen interessanten Rahmen, der erschreckend aktuell ist,
aber von der menschlichen Seite relativ schnell in den Spezialeffekten
versickert. Aber tief schürfende Geschichten waren noch die Stärke von Kaiju-Filmen. Dennoch kann sich die
Besetzung mit Aaron Taylor-Johnson, Elizabeth Olsen, Bryan Cranston, Juliette
Binoche und Ken Watanabe schon sehen lassen. Sie holen auch das Beste aus ihren
Rollen heraus, aber letzten Endes ist Godzilla
der Star des Films. Geschickt lässt Edwards die Spannung bis zum Auftauchen
seines Stars auf einen Höhepunkt kommen. Erst werden einmal die Gegner
definiert, bevor Godzilla wie eine
Naturgewalt gegen Mitte des Films über das Publikum hereinbricht. Das Warten
hat sich gelohnt, denn so hat man den König der Monster bisher selten gesehen.
Gigantisch überragt er die Skyline von San Francisco, ist aber dabei keine
Sekunde schwerfällig, sondern sehr agil. Eigentlich so wie man es von einem
Raubtier auch erwartet. Schnell wird klar, dass er sich an den Ameisen zu
seinen Füßen nicht stört. Warum auch? Schließlich hat er es mit zwei Gegnern zu
tun, die zu seinem Beuteschema gehören.
Gegen Emmerichs Film aus dem Jahr 1998 ist Gareth Edwards'
eine hundertprozentige Steigerung. Der Film ist tricktechnisch auf dem höchsten
Stand, aber die Story schwächelt zwischendurch dann doch etwas. Aber bei dieser
Art von Film kann man dies vernachlässigen. Godzilla
ist ein Streifen, der Spaß machen soll. Popcornkino vom Feinsten, von dem man
sich gerne berieseln lässt. Nur den Kinoeinsatz in 3D hätte man sich ersparen
können, denn Godzilla wartet nicht
mit großartigen Popout-Effekten auf, da er von 2D auf 3D konvertiert wurde.
Falls man also die Wahl zwischen den Formaten hat, dann sollte man 2D auf jeden
Fall vorziehen.
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