29. Mai 2014

Godzilla (2014)



Samstagsnachmittags, irgendwann in den 70er Jahren…

Ein Kino voller angehender Teenager, bis unter die Haarspitzen mit Süßigkeiten vollgestopft. Mittendrin Klein-Andy, der wie die anderen gebannt auf die Leinwand starrt. Dort wresteln gerade einige unglaublich große Monster um die Wette, um sich dann dem eigentlichen Star des Streifens zu stellen: Godzilla, dem König der Monster. Dabei ist es egal, dass da eigentlich Darsteller in fantasievoll gestalteten Gummikostümen durch Miniaturlandschaften laufen. Hauptsache es wird sich eifrig gekloppt und die im Zuckerrausch befindliche Kinderschar laut grölend jeden Schlag kommentiert.

Spätestens seit Pacific Rim von Guillermo del Toro ist der Begriff Kaiju etwas geläufiger geworden. Im Japanischen werden damit die jene gigantischen Monster bezeichnet, die seit den 1950er Jahren die Leinwände des asiatischen Inselstaats heimsuchen. Dabei haben die Macher tief in die Mythologie des Landes gegriffen, in der Schutzgeister einen festen Platz haben. Entstanden aus dem Feuer von Atombombenversuchen mutet Godzilla nicht gerade als eine gute Kraft an. Allerdings steht er auch für das atomare Trauma von Hiroshima und Nagasaki, das zumindest im Original von 1954 kritisch betrachtet wird und deutlich in der ungekürzten Fassung des Streifens zu Tage tritt.

Gojira, wie Godzilla eigentlich heißt, hat aber nicht nur Wurzeln in der Mythologie, sondern auch in Hollywood. Produzent Tomoyuki Tanaka war immer ein großer Fan von King Kong gewesen, dessen Stop-Motion-Effekte ihn stark beeindruckt hatten. Doch nachdem er The Beast from 20.000 Fathoms (Panik in New York, USA 1953) gesehen hatte, wusste er wie er sein Monster auf die Leinwand bringen würde. In dem Streifen mit Paul Hubschmid, der hier sein Hollywood-Debüt gab, wird durch Atombombenversuche in der Arktis ein prähistorischer Dinosaurier wieder zum Leben erweckt und macht sich dann in Richtung New York auf, um dort sein Revier zu verteidigen. Als Vorlage für den Film diente eine Kurzgeschichte von Ray Bradbury, der ein enger Freund von Ray Harryhausen war, der sich für die Spezialeffekte verantwortlich zeichnete und mit Dinosaurier in New York (so der deutsche DVD-Titel) ein Klassiker des Genres geschaffen hat, der heute immer noch gerne von Filmemachern zitiert wird.

Aber zurück zu Gojira. Die Idee war geboren, doch auch die japanischen Filmfirmen wollten mit möglichst wenig Kosten den größten Profit machen. So wurde Gojira nicht als Puppe animiert, sondern man steckte einen Stuntman in ein ausgefeiltes Gummikostüm, was ebenfalls zu einem relativ guten Ergebnis führte. Für die Regie verpflichtete man den Routinier Ishiro Honda, der zum Team um Akira Kurosawa gehörte. Er sollte vor allem den zwischenmenschlichen Szenen eine gewisse Tiefe geben. Als der Film 1954 in Japan in die Kinos kam wurde er nicht nur zu einem riesigen Erfolg, es wurde auch schnell der Ruf nach einer Fortsetzung laut. Da war es egal, das Goijira am Ende in die ewigen Jagdgründe geschickt wurde. Ein Jahr später stapfte er wieder durch Tokio.

Natürlich schwappte die Nachricht des Erfolgs auch in die USA, wo durch einen Übersetzungsfehler aus Gojira Godzilla wurde. Doch den Produzenten war so kurz nach dem Zweiten Weltkrieg dann doch zu japanisch. So drehte man einfach einige Szenen nach, in denen Raymond Burr einen amerikanischen Journalisten spielte. Gleichzeitig wurde noch ein gutes Stück aus der Originalfassung gekürzt. Eine drastische Kürzung erlebte Godzilla auch in Deutschland, wo tiefergehende Charakterszenen rigoros der Schere zum Opfer fielen; immerhin rund 15 Minuten.

All das änderte an dem aufkeimenden Kultstatus des Königs der Monster nichts. In rund 30 Filmen konnte man das Monster als Bösewicht oder als Helfer der Menschen bewundern. Um ihn herum wurde ein buntes Universum von anderen Kaiju geschaffen, die sich dann auch in Filmen tummelten. Zeitweise gab es sogar eine Monsterinsel, auf der der ganze Haufen hauste.

Angespornt von dem internationalen Erfolg wollten sich die Amerikaner dann auch nicht lumpen lassen. Es musste ein eigener Godzilla-Film her. Aber in den 60er und 70er Jahren hatte kein großes Studio Interesse an dem Stoff. Es kam nur zu diversen Koproduktionen mit kleineren Filmfirmen. In den 80ern wurden dann erste Versuche unternommen, doch die japanische Filmfirma Toho wacht streng über ihre Rechte. Als Roland Emmerich sein Projekt zum Rollen brachte, musste er sich den harten Vorgaben von Toho beugen, sonst wäre sein Film nicht zustande gekommen. Im Nachhinein wäre das vielleicht auch besser gewesen. Emmerich versuchte das Monster neu zu erfinden. Das Resultat war ein passabler Monsterfilm, aber kein Kaiju-Film. Übrigens, kurz nach Emmerichs Streifen nahm Toho die Produktion der sogenannten Millenium-Serie mit Godzilla wieder auf. Hier wurde dann schnell klar, dass der amerikanische Film keine Auswirkung auf die eigentliche Serie hatte. Vielmehr war Emmerichs Godzilla für Sony Pictures einer der schlimmsten Flops überhaupt.

2004 endete dann aber auch in Japan die Gojira-Ära ihrem Ende. Godzilla: Final Wars wurde zum 50jährigen Jubiläum in die Kinos gebracht. Nun durfte der große grüne Kerl gegen alle Monster antreten, auch gegen den Emmerich Godzilla. Das krude Mix aus Kaiju- und Martial Arts-Film hat zwar seine Reize. Aber so richtig warm wurden die Zuschauer damit nicht. Nach dem Kinoeinsatz beschloss Toho eine Pause, die erst mit Gareth Edwards Godzilla endete.

Was zeichnet Edwards Film aus? Nun, er will das Rad nicht neu erfinden. Vielmehr ist er eine große Hommage an Ishiro Hondas Erstling. Klar, an dem Monster selbst hat man einige kleine Veränderungen vorgenommen, aber das haben auch schon die Japaner im Verlauf der Filme gemacht. Im Gegensatz zu Emmerich erkennt der Zuschauer allerdings, um welches Monster es sich handelt. Es gibt einen interessanten Rahmen, der erschreckend aktuell ist, aber von der menschlichen Seite relativ schnell in den Spezialeffekten versickert. Aber tief schürfende Geschichten waren noch die Stärke von Kaiju-Filmen. Dennoch kann sich die Besetzung mit Aaron Taylor-Johnson, Elizabeth Olsen, Bryan Cranston, Juliette Binoche und Ken Watanabe schon sehen lassen. Sie holen auch das Beste aus ihren Rollen heraus, aber letzten Endes ist Godzilla der Star des Films. Geschickt lässt Edwards die Spannung bis zum Auftauchen seines Stars auf einen Höhepunkt kommen. Erst werden einmal die Gegner definiert, bevor Godzilla wie eine Naturgewalt gegen Mitte des Films über das Publikum hereinbricht. Das Warten hat sich gelohnt, denn so hat man den König der Monster bisher selten gesehen. Gigantisch überragt er die Skyline von San Francisco, ist aber dabei keine Sekunde schwerfällig, sondern sehr agil. Eigentlich so wie man es von einem Raubtier auch erwartet. Schnell wird klar, dass er sich an den Ameisen zu seinen Füßen nicht stört. Warum auch? Schließlich hat er es mit zwei Gegnern zu tun, die zu seinem Beuteschema gehören.

Gegen Emmerichs Film aus dem Jahr 1998 ist Gareth Edwards' eine hundertprozentige Steigerung. Der Film ist tricktechnisch auf dem höchsten Stand, aber die Story schwächelt zwischendurch dann doch etwas. Aber bei dieser Art von Film kann man dies vernachlässigen. Godzilla ist ein Streifen, der Spaß machen soll. Popcornkino vom Feinsten, von dem man sich gerne berieseln lässt. Nur den Kinoeinsatz in 3D hätte man sich ersparen können, denn Godzilla wartet nicht mit großartigen Popout-Effekten auf, da er von 2D auf 3D konvertiert wurde. Falls man also die Wahl zwischen den Formaten hat, dann sollte man 2D auf jeden Fall vorziehen.   




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