6. Juni 2014

X-Men: Zukunft ist Vergangenheit

Verfilmungen von Marvel Comics erfreuen sich schon seit vielen Jahren sehr großer Beliebtheit, dabei haben sich die großen Hollywoodstudios sehr lange geziert Superhelden wie X-Men, Spider-Man oder The Avengers auf das Publikum losgelassen. Vorher hatten sie sich in oft günstig produzierten TV-Serien versteckt oder in einfach gestrickten Billigproduktionen versteckten. Doch die Zeiten änderten sich, Hollywood gingen die Ideen aus und siehe da, da war ein Medium, das man leicht adaptieren konnte.

Auch wenn Disney es nicht gerne hören wird, den Verdienst für den Erfolg der Marvel-Verfilmungen beginnt im Jahr 2000 bei 20th Century Fox. Der Major hatte sich gleich die Rechte an einem ganzen Paket des Comicverlags gesichert, um mit X-Men den ersten großen Marvel-Streifen in die Kinos zu bringen. Allerdings, wie so oft bei der Centfox, wollte man das Risiko so gering wie möglich halten. Vor die Kamera holte man zum Teil Gesichter, die schon bekannter waren, zum Teil auch absolute Newcomer. Für die Regie verpflichtete man einen jungen Regisseur, der einige Jahre zuvor mit Die üblichen Verdächtigen nicht nur an den Kinokassen punkten konnte, sondern auch den Kritikern gut gefiel. Auch wenn X-Men aus heutiger Sicht im Vergleich zu neueren Beiträgen etwas bieder wirkt, der Film hat seine Stärken und begründete beispielsweise die Weltkarriere von Hugh Jackman. Dabei war er ursprünglich gar nicht für diese Rolle vorgesehen, sondern der Schotte Dougray Scott. Er wirkte auf Regisseur Bryan Singer zu jung, obwohl er fast drei Jahr älter als Jackman ist.

Im Sommer 2000 beseitigte der erste Kinoeinsatz der X-Men alle Zweifel, ob ein Publikum für diese Art von Genre vorhanden ist. Der große Erfolg hatte nicht nur für die Mutantengruppe, sondern ebnete auch andere Marvel-Helden den Weg auf die große Leinwand. Spätestens mit Sam Raimis Spider-Man hatte sich das Superhelden-Kino etabliert. Und da großer Erfolg immer Folgen hat, erschien mit X-Men 2 drei Jahre später die Fortsetzung. Diese übertraf ihren Vorgänger bei weitem, weil Bryan Singer konsequent die Storyline aus seinem Film weiterspann, außerdem aber sich auch an einer bei den Fans sehr beliebten Vorlage bediente. Natürlich plante man danach wieder eine Fortsetzung, die aber unter keinem guten Stern stand.

Singer hatte bei Warner Brothers die Regie für das lange geplante Superman-Reboot übernommen, das den Titel Superman Returns tragen sollte. Danach wollte er sich wieder X-Men widmen, doch die Centfox feuerte ihn kurzerhand, um X-Men: The Last Stand mit Brett Ratner (Rush Hour, Prison Break, Hercules) zu realisieren. Witzigerweise hatte sich Ratner gerade von Warner Brothers wegen des Superman-Reboots getrennt. Ironie des Schicksals: Sowohl Superman Returns als auch X-Men: The Last Stand fielen sowohl beim Publikum als auch bei den Kritikern durch. Beide wurden als endgültiger Schlusspunkt für beide Franchises gesehen, zumindest oberflächlich gesehen. In beiden Konzepten war nach wie vor Musik drin, man musste sie nur finden.

Hugh Jackman hat schon in verschiedenen Interviews erwähnt, dass er genau weiß, was er an Wolverine hat. Als er vor fast zehn Jahren kurz als James Bond im Gespräch war, reagierte die 20th Century Fox sofort und bot ihm einen eigenen Wolverine-Film an, den mit seiner eigenen Produktionsgesellschaft machen konnte. So richtig gut an kam der Streifen bei den Fans nicht, aber mit denen verdient man das Geld nicht allein (so grausam es klingen mag). X-Men Origins: Wolverine wurde in passabler Hit, von dem auch bald eine Fortsetzung geplant wurde, die dann 2013 ins Kino kam. Er zeigte, dass für das totgeglaubte Franchise immer noch eine Chance bestand. Also entschied sich Fox dafür auf die allgemeine Prequel-Welle aufzuspringen. Der 2011 erschienene X-Men: Erste Entscheidung zeigt eindrucksvoll, was man aus einer guten Story machen kann, wenn das Team vor und hinter der Kamera stimmt. Nicht nur, dass man mit Matthew Vaughn einen Regisseur gefunden hatte, der an das Konzept ganz anders heranging, auch Bryan Singer war wieder als Storygeber und Produzent mit an Bord. Damit kehrte sich wieder alles in den grünen Bereich, denn das Prequel mit der neuen, jungen Crew rund um Professor Xavier und Magneto erwies sich als Kassenschlager. Für die Fortsetzung in der Storyline Days of the Future Past eine sehr reizvolle Vorlage gefunden, in der man die alte Originalbesetzung und die Darsteller aus Erste Entscheidung zusammenbringen konnte. Es schien alles super, doch dann stieg Matthew Vaughn aus dem Projekt aus. Schon bei Erste Entscheidung hatte er einen enormen Respekt vor dem hohen Budget gehabt, aber auch vor der Einmischung der Centfox, was sich auch schon Regisseure wie James Cameron und Ridley Scott gefallen lassen mussten. Bei manchen Filmen war das sogar so massiv, dass sich beispielsweise David Fincher deutlich von Alien 3 distanziert, weil es sich dabei nicht um den Film handelt, den er gemacht hat. Wer die Rekonstruktion der Urfassung von Alien 3 auf Blu-ray gesehen hat versteht, was ich meine. Auch erwähnenswert ist im diesem Zusammenhang die Geschichte um Ridley Scotts Königreich der Himmel, der für den Kinoeinsatz um rund 45 Minuten gekürzt wurde. Der später erschienene Director’s Cut ist im Prinzip ein ganz anderer Film als die Kinoversion.

Aber zurück zu Matthew Vaughn. Bei Erste Entscheidung hatte ihm Bryan Singer den Rücken freigehalten, aber diesmal wollte er lieber in der Produzentenrolle tätig sein. So wechselten die beiden ihre Positionen, was sich als Glücksgriff erwies. Die meisten Originaldarsteller kamen wegen Singer wieder zurück. Vor allem Patrick Stewart und Ian McKellen. So ist es in X-Men: Zukunft ist Vergangenheit beeindruckend alle wiederzusehen, wenn auch manche nur ganz kurz.

Ganz klar, der Star der Story ist wieder einmal Logan, der die Zeitebenen zusammenführt. Dennoch setzt man den Pfad, den man mit Erste Entscheidung begonnen hat, sehr gut fort. Die Story spielt zehn Jahre nach dem ersten Teil und die Voraussetzungen haben sich geändert. Die USA setzt Mutanten in Vietnam ein, Magneto sitzt unter dem Pentagon in Haft, weil er Kennedy ermordet hat. Professor Xavier ist am Boden, weil er es nicht vermochte Mystique auf seiner Seite zu halten. Sie arbeitet nur auf eigene Faust. Tja, dann ist da noch Bolivar Trask, der mit seinen Sentinels Jagd auf die Mutanten machen will. Genau hier liegt der Knackpunkt, denn bei einer Konferenz in Paris wird er von Mystique ermordet. Sie wird gefangengenommen und dient als Vorlage für schier unbesiegbare Sentinels, die sich gegen alles menschliche Leben richten. Professor X und Magneto schicken Wolverine fünfzig Jahre in die Vergangenheit, damit er im Jahr 1973 Mystiques Attentat verhindern kann…

Von der ersten Sekunde an spürt man deutlich die Handschrift Singers. Schon die Anfangssequenz erinnert stark an die Eröffnung von X-Men, was aber hier wiederum sehr gut passt. Spürbar ist auch die Spielfreude der verschiedenen Stars, was das episch inszenierte Spektakel noch sehenswerter macht. Garniert wird das dann noch sehr gute Spezialeffekte, die nicht nur zum Selbstzweck eingefügt wurden, sondern auch die Handlung vorantreiben. Auch wenn es vorteilhaft ist die vorangegangenen Teile zu kennen, bekommt der Zuschauer pralles Actionkino von höchster Qualität geboten. Einzig das mittlerweile obligatorische 3D ist etwas unnötig, tut aber dem reinen Vergnügen kein Abbruch. Macht einfach Spaß!!!

Keine Kommentare: