17. Oktober 2013

Europa Report vs. Gravity

Was haben Armageddon und Deep Impact gemeinsam? Oder Volcano und Dante’s Peak?

Alle Filme haben ein Grundthema, das mehr oder weniger glaubwürdig bedient wird. Während ein Teil auf realistische Daten setzt, steht bei den anderen knallige Action und schöne Bilder im Vordergrund.

Auch in diesem konkurrieren zwei Filme mit ähnlichen Themen um die Gunst der Zuschauer. In beiden wird versucht eine Weltraummission mit tragischem Ausgang möglichst realistisch darzustellen, was beiden auch recht gelingt. Während es in Europa Report um eine mögliche Expedition zum Jupitermond Europa und einem möglichen Erstkontakt geht, wird in Gravity konsequent eine dramatische Notsituation im Weltraum durchgespielt. Aber damit enden auch die Ähnlichkeiten schon. Beide Regisseure setzen auf eine Erzählweise, die unterschiedlicher nicht sein kann. Während Europa Report als Dokumentation im Stil von District 9 gedreht ist, kommt Gravity mit einer prall gefüllten Spielfilmhandlung daher, die fast schon in Echtzeit (die Dauer eines Orbits) abläuft. Beide haben ihre Qualitäten.

Sebastián Cordero lässt in Europa Report eine Crew von sieben Astronauten zum Jupiter aufbrechen, um dort die Geheimnisse unter dem Eis des Mondes Europa zu ergründen. Schon seit vielen Jahren wird angenommen, dass sich unter dem weißen Panzer ein gewaltiger Ozean befindet, der von thermalen Quellen geheizt wird. Und eben weil Wasser in flüssigen Zustand dort existieren könnte, wäre sogar einfaches Leben möglich. Drehbuchautor Philip Gelatt spielt diese Theorie sehr konsequent durch, denn als die Crew der Europa tatsächlich Hinweise auf Leben findet, wendet sich das Blatt der Geschichte. Zuerst geht man davon aus, dass man nur einzelliges Leben findet, aber da irrt man sich. Unter dem Eis wartet eine weitaus gefährlichere Lebensform, die sich nach und nach die Besatzungsmitglieder vornimmt…

So interessant Europa Report beginnt, so schnell versickert die Handlung in einen drögen Horrorplot, der schon am Anfang vorhersehbar ist. Die Crew wird nacheinander gemeuchelt, teils aus eigener Dummheit, teils von jenem Wesen, von dem man bis zum Schluss nur einige Leuchtzeichen ausmacht. Am Ende hat man das Gefühl alles schon einmal besser gesehen zu haben, auch wenn die Spezialeffekte recht beeindruckend sind. Aber auch schon größere Produktionen haben gezeigt, dass eine gute Tricktechnik nicht über massive Mängel in der Story hinweghelfen kann.

Alfonso Cuarón (Harry Potter und der Gefangene von Askaban) wartet in Gravity mit einer bodenständigeren Geschichte auf. Er führt den Zuschauer in den nahen Erdorbit und spielt ein Szenario durch, vor dem es die gesamten raumfahrenden Nationen graut: Die Heimsuchung durch ein Trümmerfeld von Satelliten, das sich sehr schnell im Orbit bewegt, um alles zu vernichten, was in seinem Weg ist. Dies geschieht als die Russen mit einer Rakete versehentlich einen ihrer eigenen Trabanten vernichtet. Zu dieser Zeit befindet sich auch das Space Shuttle Explorer im Orbit, um Arbeiten am Hubble Teleskop durchzuführen. Die beiden Astronauten Ryan Stone und Matt Kowalski schaffen es nicht rechtzeitig zurück ins Shuttle, Stone wird sogar durch die Trümmer in den Weltraum geschleudert. Nun beginnt ein gnadenloser Kampf ums Überleben... 

Gravity ist ein Kammerspiel, in dem Sandra Bullock zeigt, dass sie auch alleine einen Film tragen kann. Zudem bekommt der Zuschauer noch Spezialeffekte in reinster 3D-Optik geboten, die allerdings kein Mittel zum Zweck sind, sondern sich der Dramaturgie unterordnen. Der Zuschauer geniest einen grandiosen Ausblick auf die Erde, fiebert aber gleichzeitig mit Stone. Tatsächlich läuft die Handlung so geradlinig ab wie ein Notfallprotokoll der NASA, was auch einiges für sich hat. Die Odyssee führt dann auch über die zerstörte Explorer zur ISS bis hin zur chinesischen Raumstation Tiangong, hier bereits fertiggestellt. Dabei bemüht sich Cuarón alles möglichst realistisch ablaufen zu lassen, was ihm sehr gut gelingt. Interessanterweise hat man darauf verzichtet aufwendige Toneffekte im Weltraum erklingen zu lassen, was den Realismus noch etwas mehr steigert. Man hört nur das, was die Astronauten in ihren Anzügen auch hören. Dies wirkt vor allem bei den Zerstörungsszenen sehr gespenstisch, da alles komplett geräuschlos abläuft. Eine Tatsache, die das Kinoerlebnis noch intensiviert. 

Europa Report ist ein sehenswerter, sehr solider SF-Film, der allerdings nur wenige Überraschungen bietet. Zwar kann er mit einer illustren Schar von Darstellern wie Shalto Copley (District 9) oder Michael Nyqvist (Millenium-Trilogie) und exzellenten Effekten aufwarten, aber leider hebt ihn das nicht über den normalen Durchschnitt. Anders sieht es schon bei Gravity aus. Sandra Bullock und George Clooney tragen eine sehr durchdachte, oft hochdramatische Story, in der es vor allem auch um die leisen Töne geht. Vor allem die Leistung von Bullock als gebrochene Heldin ist sehr bemerkenswert. Auch Gravity wartet mit sehr guten Spezialeffekten auf, wobei diese nur den Hintergrund für die Geschichte bilden. Ebenfalls beeindruckend ist der geschickte Umgang mit 3D, mit dem der Zuschauer noch intensiver in den Film reingezogen wird. Meiner Meinung ist Gravity einer der besten Filme des Jahres 2013 und absolut sehenswert.

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