Jedes Jahr versuchen sich die großen und die kleinen
Hollywoodstudios mit ihren Filmen zu übertrumpfen. Die großen Blockbuster
schlagen oft mit einem Budget von mehr 200 Millionen Dollar oder sogar mehr zu
buche, warten mit allen möglichen technischen Schnickschnack wie modernste
Computeranimationen oder, ganz groß in Mode, 3D auf. Das mag den Streifen
vielleicht einen gewissen Schauwert geben, aber oft bleibt dabei das wichtigste
auf der Strecke: die Story und die Charaktere. In zehn, fünfzehn oder zwanzig
Jahren sehen transformierende Roboter genauso lächerlich aus wie viele ähnliche
Produktionen, deren Qualität immer mehr zu wünschen übrig lässt. Aber ab und zu
zeigt sich, dass das Kinopublikum auch mit anderen, vielleicht sogar
anspruchsvolleren Filmen etwas anfangen kann. Das beweist beispielsweise
Ziemlich beste Freunde, der 2012 mit fast neun Millionen Zuschauer in die Kinos
locken konnte. Zum Vergleich sei erwähnt, dass US-Blockbuster wie The Avengers, The Dark Knight Rises und The
Amazing Spider-Man zusammen nicht rund acht Millionen Zuschauer in die
deutschen Kinos gelockt haben. Der einzige Kinofilm von 2012, der in
Deutschland nur annährend herankommt, ist Ice
Age 4 mit etwa 6,5 Millionen Zuschauern.
Aber lassen wir die Zahlenspiele mal beiseite, denn es gibt
immer wieder Überraschungen. Wer hätte zum Beispiel gedacht, dass ein
französischer Film, gedreht in den USA und teilweise mit amerikanischen
Schauspielern besetzt, die Welt in ihren Bann ziehen würde? Vor allem auch
deswegen, weil es sich dabei um einen Stummfilm handelt, der komplett nach dem
klassischen Prinzip entstanden ist. Fünf Oscars, zwei Preise in Cannes und drei
Golden Globes sollten eigentlich ein Garant dafür sein, dass ein solcher Film
an den Kinokassen ein Erfolg wird. Doch wie so oft werden solche ambitionierten
Streifen von vielen Theatern, außer vielleicht den großen Ketten oder Programmkinos,
nicht so gerne aufgenommen. Man könnte ja vor einem leeren Haus spielen, also
bringt man oft seelenlose Riesproduktionen in die Kinos, bei denen oft das
Pferd geritten wird bis die Knochen rausschauen.
Natürlich mag ich auch Großproduktionen, aber oft kommt da
ein kleiner Film daher, der mehr birgt als so manches Hollywoodmachwerk. The
Artist ist ein solcher Film. Liebevoll inszeniert entwickelt er sich als
Hommage an die klassische amerikanische Traumfabrik. Der Cineast findet darin
zahlreiche Zitate aus großen Klassikern wie beispielsweise Orson Welles Citizen Kane oder an die klassischen
Hitchcockfilme. Dabei wird eine Geschichte erzählt wie sie typischer für das
frühe Kino nicht sein kann. Der Stummfilmstar George Valentin entdeckt eher
zufällig die talentierte Peppy Miller, die einen kometenhaften Aufstieg
beginnt. Der Actionstar, dem man Douglas Fairbanks und John Gilbert als Vorbild
stark ansieht, kann sich seines Ruhmes nicht lange erfreuen, denn schon kurze
Zeit später erscheint der Tonfilm auf der Bildfläche. Da er sich weigert in den
sogenannten Talkies aufzutreten, ist seine Karriere bald am Boden. Doch die
kesse Peppy macht einen Film nach dem anderen. Allerdings ist die in George
sehr verliebt und versucht ihn heimlich zu unterstützen, was zu einer fatalen
Situation führt…
Michel Hazanavicius,
der bei uns durch die James Bond-Parodien OSS
117 bekannt geworden ist, bietet eine klassische, geradlinige und vor allem
melodramitische Liebesgeschichte, die sehr stark an A Star is Born erinnert.
Dennoch strahlt sein Werk eine große Originalität aus, denn der Regisseur und
Drehbuchautor wartet mit einem Stummfilm auf, der sich stark an seinen
klassischen Vorbildern orientiert. Aber genau das macht den Reiz des ganzen
dann auch aus, denn der Zuschauer hat schon sehr lange auf klassische
Tanzszenen im Stil von Bubsy Berkeley verzichten müssen. Klassische
Musicalelemente gepaart mit einer solchen Geschichte in einem Stummfilm? Ja, das
funktioniert sehr gut. Hazanavicius scheut sich nicht auch engeren Kontakt mit
dem amerikanischen Kino aufzunehmen und einige amerikanische Schauspieler wie
John Goodman, James Cromwell und sogar Malcom McDowell ließen sich die Chance
nicht nehmen bei einem solchen altmodischen Projekt teilzunehmen.
The Artist ist ein
sehr vergnüglicher Film, der eine wirklich wohltuende Abwechslung gegenüber den
normalen Mainstreamfilmen ist. Auch sehr gut geeignet für einen altmodischen
Kinoabend und absolut sehenswert.
Ein kleiner Nachtrag
noch… *Klugscheißmodus an* Die
erfolgreichste internationale Kinoproduktion, die in Deutschland gelaufen ist,
ist… Das Dschungelbuch aus dem Hause
Disney. Die erfolgreichste deutsche Produktion ist nach wie vor noch Der Schuh des Manitou. *Klugscheißmodus aus* :-)
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