Er ist der Archetyp des einsamen Helden, der sich nicht nur
in dem einen oder anderen Science Fiction-Roman tummelt. Im Verlauf der letzten
hundert Jahren bedienten sich zahlreiche Kreative an den Elementen, die seine Abenteuer
ausmachen. Denkbar einfach wird John Carter aus seiner eigenen Welt gerissen,
um sich in einer völlig anderen Umwelt zu behaupten, die fremdartiger nicht
sein kann. Es verschlägt ihn auf den Mars, einem sterbenden Planeten, auf dem
sich verschiedene Parteien bekriegen, um über die letzten Ressourcen zu herrschen.
Dabei verfügt der Erdenmann über das, was ihm die Natur gegeben hat. Durch die
geringe Schwerkraft auf dem vierten Planeten besitzt er nicht nur eine enorme
Körperkraft, sondern auch die Fähigkeit sprichwörtlich über Wolkenkratzer zu
springen. Nur widerwillig muss er sich für eine Seite entscheiden, um
letztendlich dann doch seinen eigenen Weg zu gehen. Unterstützt wird er dabei
durch neue Freunde, die eben wegen seiner charakterlichen Fähigkeiten gewonnen
hat. Aber damit nicht genug, denn mit der Marsprinzessin Dejah Thoris findet er
die große Liebe seines Lebens. Nun lastet auf seinen Schultern die Rettung
einer ganzen Welt…
Klingt reichlich bekannt? Kein Wunder, denn in letzten
einhundert Jahren flossen A Princess of Mars und zahlreiche Elemente aus den
zehn folgenden Romanen in viele populäre Werke der phantastischen Literatur
ein. Ohne John Carter würde es weder Superman oder andere Superhelden geben;
ohne John Carter hätten nie Indiana Jones, Luke Skywalker; Han Solo oder Jake
Sully das Licht der Leinwand erblickt. Schließlich stellen im Prinzip nur Variationen
des Bürgerkriegsveteranen dar.
Geschaffen wurde John Carter von Edgar Rice Burroughs, der
im deutschen Sprachraum vor allem durch seine Schöpfung Tarzan bekannt ist.
Aber im Gegensatz zu dem Herrn der Affen war es eine sehr langwierige
Angelegenheit bis auch er einen Ausflug ins Kino machen konnte. Dabei besteht
das Konzept schon sehr lange. Noch zu Lebzeiten Burroughs war ein Filmprojekt
geplant und allein in den letzten dreißig Jahren haben sich zahlreiche
Regisseure an der Verfilmung von A Princess of Mars versucht, darunter zahlreiche
Stars. Aber so richtig in die Gänge kam John Carter nie. Zuletzt landeten die
Filmrechte Mitte der 2000er Jahre bei Paramount, aber über die Planungsphase
kam man nie hinaus. Tatsächlich ließ Paramount die Option der Filmrechte
auslaufen, um sich mehr auf das Star Trek- und Marvel-Franchise zu
konzentrieren.
Am Ende landeten die Rechte bei Disney, die bereits schon
Ende der 90er Jahre Tarzan als Zeichentrickversion erfolgreich auf die Leinwand
brachten. Aber erst nachdem sich Disney und Pixar verschmolzen nahm ein Film
reale Formen an. Unter der Regie von Andrew Stanton entstand eine Version des
Stoffes, den spitze Zungen als ersten Realfilm von Pixar sehen könnten. Zu eng
ist das bekannte Animationsstudio darin involviert, auch wenn darauf Wert
gelegt wird, dass John Carter von Disney selbst kommt. Doch kurz nach der
Bekanntgabe der Dreharbeiten wurde es ruhig um die ganze Sache… …bis zur zweite
Jahreshälfte 2011 als bei Disney eine großangelegte Präsentation des Films
stattfand.
Aber hält John Carter, was er verspricht? Sicher, die Story
hat einige ganz „leichte“ Löcher. Vielleicht ist auch etwas übertriebener Pathos
im Spiel und auch die Darsteller wirken manchmal etwas hölzern. Doch auf der
anderen Seite macht der Streifen richtigen Spaß, denn es tummeln sich
zahlreiche exotische Lebewesen auf der Leinwand und gleichzeitig tut sich vor
dem Zuschauer ein richtig schöner altmodischer Abenteuerfilm auf, der einfach
nur unterhalten will. Und dies bekommt das rund 250 Millionen Dollar teure
Stück Eskapismus perfekt hin. Darin liegt dann auch die Stärke von John Carter.
Anders als vergleichbare Produktionen bietet er unbeschwerte Unterhalten mit
einem kernigen Helden alter Schule, der auch von Zweifeln und einem Trauma
geplagt wird. Dabei findet er auf dem Mars eine neue Heimat. Hinzu kommt eine
leichte Inszenierung, die zeigt, wie gut Andrew Stanton, immerhin Macher von
Hits wie Findet Nemo und Wall-E, auch mit einem mehr oder weniger realen Film zurechtkommt.
Ich persönlich fühlte ich stellenweise wieder in jene Zeit
zurückversetzt als ich zum ersten Mal 1978 den wirklich ersten Star Wars-Film,
der heute als A New Hope firmiert, im Kino gesehen habe. John Carter ist nicht
nur Abenteuer pur, sondern auch Popcornkino von höchster Qualität. Etwa also,
was man in der letzten Zeit oft im dem Einheitsbrei von Hollywood vermisst hat.
Für mich ein absolutes Muss.
Abschließend noch ein Wort zu einem Element, das mich, als
Soundtrackfan, ebenfalls mitgerissen hat. Anders als viele andere
Großproduktionen aus den letzten zwei oder drei Jahren beeindruckt John Carter
mit einem klar klassisch strukturierten Soundtrack im Stil von John Williams
oder Jerry Goldsmith. Michael Giacchino, der ohnehin für die ein oder andere
musikalische Überraschung gut ist, komponierte einen epischen Abenteuerscore
mit vielen einprägsamen Leitmotiven, wie man es aus den großen Soundtracks
kennt. Dennoch wirkt seine Musik frisch und lässt hoffen, dass die
Hollywoodstudios endlich zur Besinnung kommen und nicht immer nur zu den
Musikbausteinen von Hans Zimmer und den Konsorten von Media Ventures
zurückgreifen, deren Kompositionen immer austauschbar sind. Wie ein epischer
Soundtrack auszusehen hat, zeigt Michael Giacchino sehr eindrucksvoll.
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