Die Filmgeschichte ist voll von Projekten, die schon ewige
Zeiten im Gespräch sind, nie realisiert wurden und doch immer wieder das Licht
der Gerüchteküche erblickt haben. Oft werden diese Projekte nie realisiert,
manchmal aber doch.
The Hobbit ist ein solches Beispiel. Der Ende der dreißiger
Jahre erschienene Roman von J. R. R. Tolkien hat schon kurz nach seinem
Erscheinen das Interesse vieler Filmbosse erweckt. Doch so recht traute der
Autor dem ganzen Filmmechanismus nicht. Zu sehr wurden bekannte Romanprojekte
so verwässert, dass man ihre Vorlagen gar nicht mehr erkannte. Auch wenn die
Interpretationen von Tarzan, Dracula oder Frankenstein heute als Filmklassiker
gelten, mit den Romanvorlagen haben sie nicht mehr viel gemein. Bei Dracula
wurde sogar bis 1992 nie Bram Stokers Werk auf die Leinwand gebracht, sondern
meist nur das auf dem Roman basierende Theaterstück.
Aber gerade The Hobbit ist von seinem Erzählfluss her besser
zu verfilmen als Tolkiens Herr der Ringe, der lange Zeit als unrealisierbar
galt. Dennoch erwarb der unabhängige Produzent Saul Zaentz, bekannt für Einer
flog über das Kuckucksnest und Amadeus, die Filmrechte für The Lord of Rings.
Tatsächlich brachte er auch den Stoff auf Zelluloid, wenn auch nicht
ganz so wie man sich das heute vorstellt. Die Adaption von Der Herr der Ringe durch
Ralph Bakshi floppte Ende der 70er Jahre an den Kinokassen. Obwohl er einige
Ähnlichkeiten zu Peter Jacksons späterer Version aufzeigt, war der große
Schwachpunkt das Drehbuch. In rund zwei Stunden fasste man die ersten beiden
Bücher im Schweinsgalopp zusammen. Dennoch sollte 1980 die Sache in einer
TV-Produktion mit The Return of King abgeschlossen. Der Zeichentrickfilm wurde
in Deutschland bisher nie gesendet und ist auch nicht auf DVD erhältlich. Ähnlich
erging es auch The Hobbit, von dem es 1977 ebenfalls eine
TV-Zeichentrickversion gab, die erst wieder aus der Versenkung auftauchte als
Jacksons Filme in die Kinos kamen.
Als ich 1999 hörte, das Peter Jackson sich The Lord of the
Rings annehmen würde, war ich etwas überrascht. Zu diesem Zeitpunkt hatte sich
der Neuseeländer eher einen Namen mit skurrilen Horrorfilmen gemacht. Sein
erstes US-Projekt, produziert von Robert Zemeckis (Zurück in die Zukunft),
sicherte ihm das Rückfahrticket nach Neuseeland, weil Universal mit dem
letztendlichen Ergebnis nicht zufrieden war. Somit wurde auch aus dem
Nachfolgeprojekt King Kong nichts. Doch Mitte der 90er Jahre hatte Jackson mit
Heavenly Creatures aufgetrumpft, mit dem u. a. Kate Winslet zum Star wurde. Dies
schien Robert Shaye, damals Chef von New Line Cinema zu genügen, um Jackson
rund 300 Millionen Dollar zu geben, damit er sein Traumprojekt realisieren
konnte. Der Rest ist mittlerweile Legende, denn Jacksons Der Herr der
Ringe-Trilogie wurde zu einem unglaublichen Erfolg, sowohl an den Kinokassen
als auch künstlerisch.
Und eben weil die Kinokassen klingelten standen den
Studiobossen von Warner Brothers, den New Line Cinema nun gehörte, das Wort „Sequel!!!“
in den Augen. Aber eine Fortsetzung von Tolkiens Roman? Undenkbar. Also warum
nicht die Vorgeschichte auf die Leinwand bringen. Genau, The Hobbit, eine gute
Idee. Aber schnell zeigte sich die Problematik mit den Filmrechten. Während
Warner Brothers sich die internationalen Filmrechte sichern konnte, blieben die
US-Rechte bei MGM. Die moderne MGM hat mit dem legendären Studio, in dem solche
Klassiker wie Vom Winde verweht, Ben-Hur, 2001 und viele andere entstanden,
nicht mehr viel gemein. Die Rechte an den alten Klassikern waren schon lange
über Turner Entertainment an Warner gegangen, während MGM nun zur MGM/United
Artists geworden war. Seit Ende der 80er Jahre wechselte MGM/UA mehrmals die
Besitzer, zuletzt ging das marode Studio an Sony Pictures, früher Columbia, die
damit einen jahrzehntelangen Rechtsstreit um das Zugpferd des ehemaligen Majors
beilegten. Bei diesem Zugpferd handelt es sich um die James Bond-Serie. Ein
Faktor, der im letzten Jahr quasi das Zünglein an der Waage bilden sollte.
Nachdem Sony Pictures die neueren Bond-Filme aus dem
MGM/UA-Programm geworfen hatten und danach den ehemaligen Konkurrenten wieder
aufsplitteten, setzte man die Hoffnungen auf Tom Cruise, der den Hauptanteil
von United Artists übernahm. Die Gründung von United Artists geht auf
Schauspieler und Regisseure zurück, die nicht mit dem alten Hollywood-System
zusammenarbeiten wollten. Die Gründer selbst waren die besten Beispiele für die
Unabhängigkeit der Majors: Charlie Chaplin, D. W. Griffith, Douglas Fairbanks
und Mary Pickford. Zu ihrer Zeit alles Megastars, zu denen es heute keinen
Vergleich mehr gibt. Tom Cruise setzte auf ambitionierte Projekte wie Operation
Walküre oder Von Löwen und Lämmern. Diese kamen bei den Kritikern sehr gut an,
versagten aber an den Kinokassen. Hinzu kam noch das marode Fernsehgeschäft,
bei dem vor allem die sinkenden Quoten des Stargate-Franchises ein Problem
darstellten. Alles zusammen verursachte die im letzten Jahr bekanntgewordene
Insolvenz von MGM/UA.
Was das alles mit The Hobbit zu tun hat? Die ganzen Querelen
um die Insolvenz und ein neuer Rechtestreit mit Tolkiens Erben verzögerte die
Realisierung des Projekts durch Jackson. Es verzögerte sich sogar solange, dass
der Wunschregisseur von Jackson, Guillermo del Torro, das Projekt verlassen
musste, weil er sonst Probleme mit nachfolgenden Projekten bekommen würde. So
nahm Peter Jackson wieder auf dem Regiestuhl Platz. Hinzu kam dann noch ein
Streit mit der australisch/neuseeländischen Schauspielergewerkschaft, der für
den Staat Neuseeland fatal ausgegangen wäre. Warner wollte den Inselstaat schon
verlassen, doch ein Deal mit der Regierung in Wellington verhinderte dies. So
bleibt Neuseeland Mittelerde, wenn auch mit dem bitteren Nachgeschmack, dass
die dortige Regierung sich quasi verkauft hat, um die Produktion halten zu
können.
Doch auch etwas Positives hatten die Querelen. Es blieb Zeit
um die Drehbücher der beiden Filme vorzubereiten und auch die Vorproduktion
hatte wesentlich mehr Zeit um Ideen zu realisieren. Hinzu kamen noch
gesundheitliche Schwierigkeiten von Peter Jackson, die ebenfalls in dieser Zeit
auftraten. Danach konnte er nun mit frischer Kraft an dieses Projekt gehen.
Nun ist heute der erste Teasertrailer zum ersten Teil von
The Hobbit: An Unexpected Journey erschienen. Groß waren die Erwartungen nach
den Produktionstagebüchern gewesen, die mit einigen Überraschungen aufwarteten.
Doch meine Erwartungen wurden bei weiten übertroffen. Schon nach den ersten
Sekunden des Trailers ist klar, der Look der Trilogie wird beibehalten.
Liebevoll hat man Hobbiton wieder kultiviert. Auch der Produktionsaufwand ist
jetzt schon zu sehen. Für mich als Filmmusikfan war die Rückkehr von Howard
Shore als Komponist des Soundtracks die einzige logische Schlussfolgerung, auch
wenn sein Score für King Kong nicht akzeptiert wurde. The Hobbit ohne Howard Shore wäre wie Star Wars
ohne John Williams; undenkbar.
Wie nun das Endergebnis aussehen wird, wird man im Dezember
2012 und 2013 sehen, wenn die beiden Filme in die Kinos kommen. Ich persönlich
bin aber schon auf den nächsten Trailer gespannt…
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