1. November 2011

Ein kleines Meisterwerk

Verfilmungen amerikanischer Comics sind eine Sache, doch wenn es an europäisches Kulturgut geht, dann wird der Blick schon kritischer. Als vor einigen Jahren bekannt wurde, dass Steven Spielberg und Peter Jackson zusammen eine Version des Klassikers Tim und Struppi auf die Leinwand bringen wollten, war die Überraschung groß. Vor allem auch deswegen, weil gerade ein amerikanischer Produzent erpicht war diesen Film zu machen. Europäische Comics haben es sich in den USA schon immer schwer gemacht. Hits wie Asterix oder Tim und Struppi besitzen dort keinerlei Bedeutung für die breite Masse. Anders als bei uns.

Steven Spielberg lernte Tintin kennen, als Anfang der 80er Jahre Jäger des verlorenen Schatzes in einigen Kritiken mit dem Werk Hergés verglichen wurde. Daraufhin begann er die Comics zu lesen, von denen er fasziniert war. Bald erwarb er auch die Rechte an dem Stoff, um ihn eventuell einmal zu drehen. Interessanter sah der Tim und Struppi-Schöpfer Steven Spielberg als einzigen, der seine Comics ins rechte Licht rücken könnte. Kein Wunder, denn auch wenn die diversen Filmadaptionen und TV-Serien recht erfolgreich waren, so richtig bestanden sie auf International nur selten. Peter Jackson stieß kurz nach der Oscarverleihung 2004 darauf, dass Spielberg die Rechte an den Comics hatte. Auch er hatte schon einige Zeit einer Verfilmung im Auge, da ihm die Geschichten bereits von Kindesbeinen bekannt waren.  So war es nur eine Frage der Zeit bis sich die beiden Produzenten zusammentaten.

Die Planung begann noch zu Zeiten als Dreamworks SKG noch nicht von Paramount gekauft worden war. Nach der Fusion gingen die Vorbereitungen unter Spielbergs Amblin Entertainment weiter, wobei Jacksons Wingnut Films als gleichberechtigter Partner diente. Hinzu kommt noch Kennedy/Marshall Productions. Kathleen Kennedy und Frank Marshall arbeiten seit einigen Jahrzehnten mit Spielberg zusammen, was eine Teilnahme von ihnen fast selbstverständlich machte.

Zuerst wollte Paramount Pictures das Projekt allein finanzieren, doch das Konzept von Spielberg und Jackson erstreckte sich auf drei Filmen mit horrenden Produktionskosten. So stutzte man das Projekt auf zwei Filme herunter; je einer von den beiden Meisterregisseuren. Zeitweise war sogar nur ein Film im Gespräch, doch nach dem Kinostart von Die Abenteuer von Tim und Struppi: Das Geheimnis der Einhorn ist nun wieder das Drei-Film-Konzept im Gespräch. Kein Wunder, denn es hat sich mittlerweile auch mit Columbia Pictures ein weiterer Major zur Mitfinanzierung eingefunden.

Steven Spielberg betritt mit diesem Film komplettes Neuland, denn es ist der erste, den er mit Hilfe von Motion Capture gemacht hat. Die Ergebnisse von Avatar hatten ihn überzeugt diesen Weg zu gehen. Und tatsächlich macht sich dies im letztenendlichen Produkt bezahlt. So konnte man die Figuren in ihrer Gestaltung sehr stark an Hergés Vorlage anlehnen, was auf jeden Fall ein großer Pluspunkt ist.

Für die Geschichte selbst wählte man Elemente aus Die Krabbe mit den goldenen Scheren, Das Geheimnis der Einhorn und Der Schatz Rackhams des Roten aus. Als Drehbuchautor wählte man Steven Moffat (Dr. Who, Sherlock) aus. Dieser stellte die ersten Versionen des Buchs fertig, war aber wegen seiner Rolle als Produzent von Dr. Who nicht in der Lage eine überarbeitete Version zu liefern. So übernahmen Edgar Wright (Spaced, Shaun of the Dead, Hot Fuzz) und Joe Cornish (Shaun of the Dead, Hot Fuzz) das “Aufpolieren” der Story.

Das Endergebnis kann sich als pralles Popcornkino sehen lassen, dass seine Vorlage keine Sekunde aus den Augen lässt. Die liebgewonnen Charaktere sind erkennbar gut umgesetzt worden. Ja selbst die Grundzüge der zeichnerischen Vorlage von Hergé ist in ihnen zu erkennen. Hinzu kommt eine technische Ausführung, die wirklich nichts zu wünschen übrig lässt. Zwar wird der Film gegen Ende hin etwas hektisch, doch insgesamt kann man die Essenz des gezeichneten Tintins auf jeden Fall erkennen.

Außerdem zeigt es sich einmal mehr, dass, wenn der Regisseur, die Technik, die Darsteller und die Story stimmen, ein kleines Meisterwerk auf der Leinwand erscheinen kann, auf das man im Kinojahr 2011 bisher vergebens gewartet hat. Die Abenteuer von Tim und Struppi: Das Geheimnis der Einhorn ist ein Film, den man auf keinen Fall verpassen sollte.


Keine Kommentare: