10. Februar 2009

Schnittopfer

In den 50er Jahren schnitt man hierzulande gerne an Filmen herum, um Dinge zu entfernen, die dem deutschen Zuschauer vielleicht überfordern könnten. So wurde beispielsweise aus Casablanca nach dem Verlassen des deutschen Schneidetischs ein schräges Agentenabenteuer, in dem Humphrey Bogart einen Wissenschaftler beschützen muss, der Todesstrahlen erfunden hat.

Als 1956 Ishiro Hondas Godzilla auf unseren Leinwänden erschien, wurde zwar die japanische Version gezeigt, allerdings in einer signifikant gekürzten Form. Viele wichtige Charakterszenen, die dem Monsterfilm etwas mehr Sinn gegeben hatten, fielen der Schere zum Opfer. So blieb beispielsweise der Konflikt zwischen dem junge Helden des Films und dem darin vorkommenden alten Wissenschaftlers gänzlich außenvor.

Vor gar nicht allzulanger Zeit hat das DVD-Label Splendid Film eine ganze Reihe von Godzilla-Filmen herausgebracht. Darunter die bekannte deutsche Kinofassung des Originals von 1954 sowie seine amerikanische Version, in der auch Raymond Burr zu sehen ist. Später schob man noch die ungekürzte japanische Version nach. Diese ist etwas tiefgehender als die alte deutsche Fassung, besitzt aber immer noch das gleiche naive Flair. Doch in der japanischen Version fühlt man den Druck den atomaren Alptraums, den Godzilla eigentlich darstellt, weit mehr. In der fortschrittsgläubigen Zeit des Wirtschaftswunders waren solche "subversiven" Gedanken natürlich völlig fehl am Platze. Beim Neuschnitt blieb dann das bisschen Anspruch des Monsterfilms auf dem Boden des Schnittraums zurück. Aber wenigstens kann man sich nun über 50 Jahre nach seiner Entstehung auch hierzulande ein Bild über die ursprüngliche Fassung machen.