16. Dezember 2007

Der Goldene Kompass

Ich muss zu meiner Schande gestehen, dass ich von der His Dark Materials-Trilogie noch nichts gehört hatte, als ich im Sommer auf AICN erste Szenen aus dem noch unfertigen Streifen Der Goldene Kompass gesehen habe. Doch das was ich sah, machte mich neugierig. Nachdem ich mir vor rund zwei Monaten die Bücher besorgt hatte (wie schon anderer Stelle erwähnt wartete ich auf die spezielle Filmausgabe der Trilogie bei Heyne), habe ich nun gestern das letztendliche filmische Endprodukt angeschaut.

Vielleicht war es ein Fehler, dass ich vorher den Roman gelesen habe, aber irgendwie kam ich mir etwas verloren vor. Natürlich lässt die Großproduktion von der technischen Umsetzung wenig zu wünschen übrig, aber stellenweise kam es mir vor, als wäre Regisseur Chris Weitz etwas überlastet mit dem Drehbuch gewesen. So hatte ich das Gefühl im Schweinsgalopp durch die Handlung zu hetzen, wobei man wesentlichen Wert auf die Action legte. Die Reise von Lyra in den Norden erweckte einen völlig falschen Zeitrahmen und auch die Fähigkeit das Alethiometer zu lesen scheint das Mädchen innerhalb von wenigen Minuten zu bekommen. Alles wirkt irgendwie auf ein Minimum gerafft und auch gekürzt.

Gekürzt... Das ist auch das Stichwort. Gerade bei New Line Cinema als Produktionsgesellschaft sollte das nicht verwundern. Das zum Warner Konzern gehörige Studio hat ja mit der Herr der Ringe-Trilogie bewiesen, wie man eine Filmtrilogie erfolgreich mit Kino- und Langfassungen vermarkten kann. Auf der Suche nach einer neuen Cash Cow ist das Studio auf Philip Pullmans Trilogie gestoßen, die witzigerweise im englischen Sprachraum beim gleichen Verlag erscheint wie die Harry Potter-Saga. New Line griff hart in die Produktion von Der Goldene Kompass ein. So drückte das Studio sogar zwei Darsteller durch, die man aus Herr der Ringe kennt: Christopher Lee hat nur einen kleinen Satz und im englischen Original wird Iorek Byrnison von Ian McKellen gesprochen. Ein Eisbär mit der Stimme von Gandalf. Ob das so eine kluge Entscheidung war? Aber zurück zu dem gekürzten Eindruck. Ein Gefühl sagt mir, dass die DVD-Edition die Films wahrscheinlich mit einer etwas längeren Version aufwarten wird.

Auch die riesige Werbemaschinerie versucht Der Goldene Kompass zu vermarkten, so scheint er nicht ganz die Erwartungen zu erfüllen, die man bei New Line erwartet hat. Aber vielleicht auch nicht, denn obwohl das Startwochenende in den USA recht mau war, lief der Film im weltweiten Einsatz wesentlich besser; vor allem in Europa. Ein Faktor ist der Bekanntheitsgrad der Romane, der in den USA nicht so hoch ist wie auf dem "alten Kontinent". Andererseits wurde das Werk auch etwas verwässert, damit man niemandem auf die Füße tritt.

Ich persönlich kam mit einem etwas gespaltenen Gefühl aus dem Kino. Auf der einen Seite konnte man viele Motive aus der Vorlage erkennen, auf der anderen Seite wirkte alles oft etwas zu sehr zusammengeflickt. Es scheint so als ob die kurze Welle der Fantasy-Filme zu Weihnachten nach kurzer Zeit ausgelutscht ist. Kein Wunder, denn keiner der Wellenreiter hat das Format der Herr der Ringe-Trilogie. So hat Disney dann auch den Start des 2. Narnia-Films in den Sommer verlegt. Ob er gegen Schwergewichte wie Indiana Jones 4, Die Mumie 3 oder Batman: Dark Knight eine Chance hat, wird sich zeigen.
Der Goldene Kompass ist sicher ein kurzweiliger Film, wird aber der Vorlage in keiner Sekunde gerecht. Sehr schade, denn am mangelnden Geld für die Umsetzung hat es sicher nicht gelegen.


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