25. Juli 2006

10. Mittelaltermarkt Nohfelden

Man ist nie zu alt, um neue Erfahrungen zu machen. Seit rund 30 Jahren bin ich Science Fiction-Fan und seit rund 25 Jahren treibe ich mich im SF-Fandom herum. Mittelaltermärkte interessieren mich noch nicht so solange, allerdings finde ich sie ähnlich interessant. Nachdem Anfang des Jahres feststand, dass die Keltengruppe IG Keltoi (noch heißt sie so, soll sich aber wahrscheinlich ändern), in der sich einige meiner Freunde tummeln, für den Mittelaltermarkt in Nohfelden angemeldet hatten, war die Freude groß. Zum ersten Mal konnte sich die Gruppe in der Öffentlichkeit präsentieren; als Teil des umfangreichen Heerlagers des Marktes. Allerdings, wie mit früh ausgemachten Terminen so ist, machte das reale Leben der Mitglieder einigen einen Strich durch die Rechnung. Klar, nicht alle Termine sind schon Monate vorher klar. So befindet sich Achim Dörr, der Häuptling des Clans der Füchse, zur Zeit in den USA und wandelt auf den Spuren von Al Swearengen & Co.

Wie ich da ins Spiel komme? Na ja, ich erstelle für Achim unter www.knightsky.de eine Homepage, auf der er seine Hobbies vorstellt. Das Saar Wars Dinner ist ein Teil davon, genauso wie die IG Keltoi, deren Grundgerüst für die Präsentation auf der Site ich vor zwei Wochen fertig gestellt habe. Also habe ich mich angeboten, falls Not am Mann bzw. an der Frau ist und Leuten fehlen sollte, einzuspringen. Ein Angebot, das auch angenommen wurde.

Ein Kostüm hatte ich relativ schnell beisammen, denn vor ein paar Monaten hatte ich bei einem Besuch vorgeschlagen, als römischer bzw. griechischer Weinhändler aufzutauchen, der dann beim Clan bleibt, weil ihm das keltische Leben etwas mehr zusagt. Genau darauf baute ich auf, als ich mein Kostüm machte. Aus einer großen Leinentuch und einem alt aussehenden Ledergürtel zauberte ich ein Römerkostüm, das zwar nicht ganz so authentisch war, aber seinen Zweck auf jeden Fall erfüllte. Bei der momentanen Hitze stellte sich dies sogar als gar nicht so dumm heraus.

Am Freitag, 14. Juli 2006, war die Anreise. Natürlich musste auch ein Zelt aufgebaut werden. IG Keltoi hatte sich extra eins geholt. Ein 16-Personen-Zelt für 500 Euro. Zu dritt trafen wir uns in Nohfelden: Nadine Johannes, Betty J. und ich. Die vierte Person, Jenny, verspätete sich etwas, weil sie noch arbeiten musste. Also begannen wir drei mit Aufbau, der sich zuerst etwas schwierig gestaltete. Doch als wir den Bogen raushatten, ging alles schnell von der Hand. Na ja, relativ, denn einige der Metallösen für das Befestigen von Spannseilen erwiesen sich so extrem gut verarbeitet, das sie bei einem kleinem ausrissen. Ein Problem, mit dem wir die ganze Zeit nach dem Aufbau noch zu kämpfen hatten. Dennoch stand das Zelt nach einer gewissen Zeit. Also zogen wir mit unserem Gepäck ein. Gleichzeitig trafen auch noch andere Gruppen ein, die sich in der Nähe aufbauten. Wir hatten einen Platz an einem kleinen Flüsschen ausgesucht. So konnten wir unsere Getränke und uns abkühlen. Das Wasser war relativ sauber, was man an den Fischen darin erkennen konnte. Das knietiefe Wasser sollte sich später als sehr effektiv erweisen. Den angebrochenen Abend ließen wir relativ ruhig angehen. Noch war er Markt nicht eröffnet. Aber die sanitären Anlagen wollten wir noch inspizieren. Nach einem kleinen Schlummertrunk begaben wir uns zur Ruhe. Immerhin wartete ein harter Samstag auf uns.

Da ich das erste Mal dabei war, bedachte ich nicht, dass, trotz der großen Tageshitze, die Nacht durchaus etwas kühler werden konnte. Das war noch untertrieben, denn so gegen fünf Uhr wachte ich frierend auf. Ich hatte mir von Betty eine Wolldecke geliehen, die etwas feucht geworden war. Außerdem zollte der Verzehr der zwei Schwenker ihren Tribut. Also stand ich auf, suchte nach meinen Sandalen, die ich natürlich nicht fand. Kackum (ist Küchenlatein, nichts offizielles), dachte ich und ging barfuss auf die Toilette. Auf dem Weg dorthin stellte ich fest, dass es nur in der kleinen Vertiefung, in der wir kampierten so kalt war. Weiter oben, in Richtung des Marktes, hielt es sich in Grenzen. Als ich wieder zurückkehrte versuchte ich mich noch mal hinzulegen, doch Schlaf konnte ich keinen mehr finden. Also suchte ich meine Sandalen, die ich diesmal fand und versuchte unser Feuer wieder Gang zu bringen, was mir nicht so gut gelang. Also packte ich mich in eine Decke ein und wartete auf den Sonnenaufgang. Dieser entschädigte mich mit seiner Schönheit mit einigem. Man konnte beobachten, wie der Turm der Burg in Nohfelden langsam in das goldene Licht der Morgensonne getaucht wurde. Dies begann so gegen siebe Uhr. Rund eine Stunde später brannte sie von einem wolkenlosen Himmel herunter. Dabei wurde sie gnadenlos heiß.

Nachdem alle aufgestanden waren, warf ich mich in mein Kostüm. Gegen zehn pilgerten wir über den Markt, um uns zu waschen. Gegen 14:00 Uhr öffnete der Markt seine Pforten. Es war zwar nicht soviel los, aber dennoch besaß alles einen eigentümlichen Reiz, dem ich mich nur schwer entziehen konnte. Den Tag verbrachten wir im Wechsel. Entweder im Camp oder auf dem Markt. Ich hütete mich davor in der Hitze Alkohol zu trinken, denn er hat bei einem solchen Wetter eine fatale Wirkung. Allerdings hielt ich mir öfter den Kopf unter das Wasser. Das örtliche THW hatte eine Wanne mit Wasseranschluss aufgestellt, die gut besucht wurde. Im Verlauf des Tages tauchten dann noch Roland und Bianca, zwei weitere Stammesmitglieder, die allerdings nicht lange blieben, auf. Später gesellte sich dann auch der frischgebackene Freund von Betty J. zu uns, der nicht von ihrer Seite wich. Jeder weiß wie das ist mit frischverliebten *frechgrins*. Witzigerweise stimmte die Chemie zwischen mir nach einigem Abtasten einwandfrei. Am späteren Abend, noch ein paar Odins lockerte sich Atmosphäre noch etwas auf. Auf meine Empfehlung hin erwarb Betty noch einen Liter Schlehenwein. Danach schauten wir das Spektakulum an. Mich ergriff eine gewisse Mattigkeit. So zog ich mich ins Camp zurück. Nachdem ich das Feuer wieder in Gang gebracht hatte (wir hatten uns mittags noch eine große Ladung Holz besorgt, das bereitgestellt wurde), setze ich mich davor. Über mir war der klare Sternenhimmel. Vom Flüsschen kam ein kühler Wind, der die Hitze des Tages etwas vergessen ließ. Vom Markt hatte ich mir noch einen Humben mit Odins Gebräu mitgebracht, den ich nun genoss. Vorher hatten wir auf dem Markt einen ebenfalls als Kelten verkleideten jungen Mann getroffen, mit dem wir ein paar Worte gewechselt hatten. Er hatte gesagt, dass er noch bei uns im Lager vorbeischauen wolle. Ich saß gerade ein paar Minuten, da tauchte er aus schon auf. Er fragte, ob er sich zu mir setzen dürfe, was ich bejahte. Wir unterhielten uns kurz, dann fragte er, ob er ein wenig Musik machen dürfe. Auch das bejahte ich. Also spielte er ein paar Lieder. Es war schon eine interessante Stimmung, die da aufkam. Ich konnte mir lebhaft vorstellen, wie es vor zweitausend Jahren gewesen sein musste. Viel anders kann es nicht gewesen sein, wenn man von Straßenlaternen am Ende der Wiese absah. Nach gut einer Stunde verabschiedete er sich. Als ich einer Einladung aus dem Nachbarlager nachkommen wollte, tauchten Betty und Oliver auf. Ich fachte das Feuer noch ein wenig an. Dann öffnete Betty den Schlehenwein. Die Einladung ins Nachbarlager ließ ich sausen, dazu war die Stimmung zu gut. In meiner Rolle als römischer Weinhändler hatte ich natürlich auch etwas von dem Stoff, dabei den ich an die Kelten verkaufte. Mittags hatten Nadine und Jenny noch einige Einkäufe erledigt und mir noch drei Flaschen Wein mitgebracht. Auch Betty hatte sich zwei bringen lassen. Zuerst leerten wir die halbe Flasche, die vom Vorabend übrig geblieben war. Danach gingen wir an den frischen Stoff. Ab und zu legte ich einen Holzscheit nach. Wir redeten über Gott und die Welt. Später kamen noch Nadine und Jenny dazu. Ich verlor in dieser guten Gesellschaft irgendwann jegliches Zeitgefühl. Ich weiß noch, dass ich irgendwann auf mein Lager kroch, mir den Schlafsack, den ich von Nadine ausgeliehen hatte, als Decke bis an die Nase zog und eine traumlose Nacht verbrachte.

Am nächsten Morgen weckte ich irgendwas Feuchtes in meinem Rücken. Ich musste auf Gras gelegen haben. Aufstehen musste ich ohnehin, denn ich spürte den Ruf der Wildnis. Und nicht nur den Wein wollte meinen Körper verlassen. Wieder ging die Suche nach den Sandalen los, wieder fand ich sie nicht. War aber auch egal. Ich ging barfuss. Es musste kurz nach sieben sein, denn die Sonne stand im Osten schon etwas über den Wald. Außerdem konnte ich am Turm erkennen, dass sie ähnlich stand als am Vortag. Die Toiletten lagen im Markt. Man hatte einen Toilettenwagen aufgebaut und auch im den angegliederten Museum fand man zwei Gelegenheiten. Ich suchte das Museum auf, weil es da auch Seife für das Händewaschen gab. Allerdings sah die Toilette dort nach dem Vorabend etwas wüst aus, gelinde ausgedrückt. Ich zog dann doch den Toilettenwagen vor. Nachdem ich mir mein Gesicht gewaschen hatte, ließ auch der bohrende Kopfschmerz etwas nach. Ich schwor mir so schnell nicht mehr Odins und Bordeaux zu mischen. Man musste zwar nicht kotzen, aber das Kopfweh war nicht so doll. Danach ging’s wieder ins Lager. Vom Vorabend klimmte die Glut noch ein wenig. Da ich schnell Feuer machen wollte, bediente ich mich des Lampenöls, das wir hatten. Einige Spritzer davon brachten die Sache wieder in Gang.

Jetzt hatte ich auch Zeit meine Blessuren vom Vortag zu untersuchen. Ich hatte schon auf der Toilette bemerkt, dass mein Gesicht eine überaus gesunde Farbe angenommen hatte. Die Sonne hatte gut mit mir gemeint. Aber ich ahnte, dass es noch schlimmer werden konnte, denn der heutige Tag würde nicht viel anders werden. Irgendwann kam Betty J. aus dem Zelt gekrochen. Sie, Oliver und Nadine hatten noch etwas länger gemacht. Auch bei ihr hatte die Nacht ihre Spuren hinterlassen. Mehr möchte ich nicht dazu sagen, denn schließlich ist man ein Gentleman. Außerdem weiß jeder, wie man sich fühlt und aussieht, wenn man etwas gesumpft hat. Zudem hatte mir mein Spiegelbild nicht nur den Sonnenbrand, sondern auch die Spuren der letzten Nacht gezeigt. Der Morgen verlief ereignislos. Irgendwann waren wir alle wach, frühstückten. Oliver und ich suchten die Wanne des THW auf, um uns etwas zu waschen. So schön as Leben bei einem Keltenstamm auch ist, ich vermisste dennoch die Vorzüge der Moderne. Vor allem hätte ich mich bei der Hitze gerne noch etwas geduscht, denn ich roch an einigen Stellen schon wie ein läufiges Oppossum. Aber ein wenig Wasser behob das behelfsmäßig. Klar, ich hätte ja auch in unser Lagerflüsschen springen können. Doch das knietiefe Wasser war nicht so vertrauenserweckend. Zum Abkühlen der Füße war es gut, aber nicht fürs waschen. Ich habe mit solchen Gewässern schon meine Erfahrung gemacht.

Nachmittags gesellten sich noch einige Stammesmitglieder zu uns: Roland, der Druide, Bianca, sowie noch zwei Anwärter, die in Stamm wollten. Später kamen noch einige andere Leute aus unserem Bekanntenkreis dazu. Es entwickelte sich ein angenehmer Nachmittag, an dem wir klönten, über den Markt flanierten und Suppe kochten. Bei einer meiner Runden mit Oliver und Betty, die ich eigentlich allein gehen lasse wollte, aber die darauf bestanden, dass ich mitgehe, stiegen wir noch mal auf die Burg hoch. Da gab es Kaffee und Kuchen. Die letzten beiden Tage hatte ich eine gute Tasse Kaffee wirklich vermisst. Meinen löslichen hatte ich zuhause vergessen. Dazu gab es dann noch ein Stück selbstgemachten Käsekuchen, den ich am Fuße des Turms verzehrte. Dabei musste ich daran denken, wie wir am Vortag auf den Turm gestiegen waren. Mit zwei Odins im Bauch ist das nicht so witzig, war aber machbar. Der Ausblick von dort oben hatte für die Mühen entschädigt, genauso wie eine angenehme Brise. Nur Betty hatte etwas Schwierigkeiten. Ihr Kreislauf spielte etwas verrückt, aber nach einigen Minuten Pause war es wieder gegangen. Die Farbe in ihrem Gesicht kehrte wieder.

Daran musste ich denken, als ich an meinem Sonntagskaffee nippte. Auf Odins, Schwarz- oder Kirschbier hatte ich weniger Lust. Außerdem musste ich abends noch nach Hause fahren.

Der schöne Nachmittag verging relativ schnell. Gegen 18:00 Uhr begannen wir langsam mit dem Abbau unseres Lagers. Das Zelt erwies sich auch jetzt von einer so guten Verarbeitung, dass entschieden wurde es umzutauschen. Weitere wichtige Ösen hatten sich verabschiedet. Für 500 Euro ein Armutszeugnis. Mehr als zwei Stunden brauchten wir um alles abzubauen und wieder zu verpacken. Danach richteten wir unseren Platz noch etwas her, legten die Strohballen zusammen, die wir als Sitzgelegheiten benutzt hatten und verteilen die Schlafstellen auf der Wiese. Gegen 20:25 Uhr machte ich mich auf dem Heimflug. Ärgerlicherweise hatte mein Auto eine kleine Blessur zurückbehalten. Jemand hat meine Antenne abgerissen. Aber die ist ersetzbar.

So gegen 21:00 Uhr war ich zuhause. Allerdings hatte ich keine Lust mehr meinen Krempel wieder auszupacken. Nur die Tasche mit meinen Kleidern nahm ich mit, um sie auszupacken. Außerdem waren da ja auch noch die Kamera, mein Handy und einige andere wichtiger Dinge privater Natur drin. Nachdem dies erledigt war, warf ich mich erstmal unter die Dusche, um mich ausgiebig zu waschen und das Wasser einfach nur an mir herunterlaufen zu lassen. Das mag für manchen nach Verschwendung klingen, doch nach fast drei Tagen ohne richtige Waschgelegenheit mussten entschädigt werden. Das Duschen erfrischte, also begann ich nach meinen Blessuren zu gucken. Mein Gesicht war noch etwas verbrannter. Die Haut auf der Nase schlug schon Blasen und an einem Nasenflügel befand sich Flüssigkeit, die ich nicht zuordnen konnte. Auch oben Backen waren verbrannt und auf der einen Seite etwas krustig. Also rückte ich mit Wund- und Heilsalbe dem ganzen auf die Pelle. Danach ging’s in die Heia. Endlich wieder in einem richtigen Bett schlafen.

Heute Morgen sah mein Gesicht etwas besser aus. Doch so richtig fit war ich noch nicht. Zwei Tage mit wenig Schlaf forderten ihren Tribut. Allerdings, wenn die Arbeit ruft, kann man nicht einfach kneifen. Also zog ich los. Allerdings werde ich nicht mehr viel machen. Okay, noch meinen Krempel auspacken, aber dann auch nicht viel mehr…

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