16. Juli 2013

Man of Steel

Warum erfreuen sich bombastische Comicverfilmungen zurzeit bei den großen Hollywoodstudios so großer Beliebtheit? Liegt es an den universellen Geschichten, die in fast jedem Kulturkreisen funktionieren oder einfach an der Tatsache, dass es sich dabei um potentielle Cashcows handelt, mit denen der Kinogänger an der Kasse geschröpft werden kann? Alles gute Fragen, auf die man sich auch selbst eine Antwort geben kann, wenn man sich den Erfolg der Marvel-Filme anschaut.

Warner Brothers hat schon einige Zeit neidisch auf den Erfolg des mittlerweile zu Disney gehörenden Comiclabels geschielt, was auch nicht verwunderlich. Warner besitzt mit DC Comics ebenfalls eine renommierte Marke, die mit einer ganzen Reihe von Helden aufwarten kann. Aber nur einem von ihnen war ein großer Erfolg gegönnt, was die Dark Knight-Trilogie von Christopher Nolan eindrucksvoll beweist. Aber anderen DC-Helden wie Jonah Hexx oder Green Lantern war dieser nicht vergönnt. Sie erwiesen sich als teure Schlappen an den Kinokassen.

Aber auch das andere Flaggschiff von DC, dem ersten großen Superhelden, kam nicht so richtig in die Gänge. Sicher, mit Superman: The Movie hatte man 1978 nicht nur einen Klassiker des Genres geschaffen, sondern auch einen der größten Hits des Studios geschaffen, der aber mit lieblos gemachten Fortsetzungen bald zugrunde gerichtet wurde. Superman IV – Die Welt am Abgrund stellte dann auch den glanzlosen Abschluss der Saga mit Christopher Reeve in der Hauptrolle dar. Es folgten zwar noch einige TV-Inkarnationen, von denen zumindest zwei großen Erfolg hatten, aber von der Leinwand war der Stählerne erst einmal verschwunden.

Getrieben vom Erfolg von Christopher Nolans Batman Begins kam 2006 dann mit Superman Returns der Versuch in die Kinos, dem Franchise neues Leben einzuhauchen. Doch die Megaproduktion von Bryan Singer traute sich nicht jene Zäsur zu machen, die Nolan mit dem Dunklen Ritter vollbracht hatte. Vielmehr rieb sich Singer ausgiebig an Superman: The Movie, was seinem eigenen Produkt nicht gut tat. Superman Returns stellte keinen Neuanfang dar, sondern vielmehr die Fortsetzung einer Reihe, deren Originalität durch dröge Sequels wie der absolut lächerliche Superman III ausgemerzt worden war. Bryan Singer, der mit seinen X-Men-Filmen beeindruckt hatte, lieferte einen zwar tricktechnisch schönen Streifen ab, der eindeutig von Lex Luthor dominiert war. Das Drehbuch selbst ließ den Drive älterer Werke des Regisseurs vermissen, was vom Publikum an der Kinokasse konsquent abgestraft wurde.

Mit Man of Steel wird die gewünschte Zäsur durchgeführt. Man bekommt keinen halbgaren Aufguss einer überalterten Serie geboten, sondern einen kompletten Neuanfang, der sich deutlich an den großen Comicvorbildern, die in den letzten Jahren rund um Superman erschienen sind, orientiert. Außerdem verwandelte man den Stählernen in einen gebrochenen Helden, der mit sich selbst und seinen Fähigkeiten hadert. Ist die Welt wirklich reif für einen Außerirdischen mit gottgleichen Kräften?

Die Macher der Dark Knight-Trilogie erweisen sich als wahrer Glücksgriff, denn sie trauen sich an dem noblen Superman-Image zu kratzen. Was Mario Puzo (Der Pate) und die anderen Autoren von Superman: The Movie nur angedeutet haben, setzen David Goyer und Christopher Nolan konsequent man. Kal-El ist ein Held, der mit sich selbst hadert, vielleicht sogar Angst vor seinen eigenen Fähigkeiten hat. Das ändert sich auch nicht als er weiß, woher er kommt und wer er ist. Ihm bleibt auch nicht viel Zeit darüber nachzudenken, denn das Auftauchen von General Zod ändert mit einem Mal alles. Kal-El ist der einzige, der die Welt vor den kryptonischen Invasoren retten kann; auch wenn der Preis am Ende hoch ist.

Man of Steel bietet eine sehr modernisierte Version des Mythologie des Kryptoniers, orientiert sich dabei sehr stark an den Reboot des DC-Universum im Jahr 2011. Vor allem aber bemüht sich um einen ähnlichen Realismus, den man schon bei The Dark Knight zu schätzen gelernt hat. Dabei merkt man die Handschrift von Christopher Nolan so deutlich, dass der visuelle Stil von Zack Snyder, den man in Filmen wie 300, Legende der Wächter oder Watchmen bewundern konnte, kaum zu Geltung kommt. Beides zusammen ergibt eine sehenswerte Mixtur, deren Konvertierung in 3D allerdings absolut unnötig war.

Als richtiger Glücksgriff erweist sich die Wahl von Henry Cavill als Kal-El, der die Fußstapfen von Christopher Reeve sehr gut ausfüllt. Es war bereits für Superman Returns als großer Favorit gehandelt worden, aber die Rolle ging an Brandon Routh, der aber auch einen sehr passablen Stählernen abgab. Aber auch die anderen Akteure sind sehenswert, vor allem Michael Shannon als Zod und Kevin Costner als Jonathan Kent. Russell Crowe macht als Jor-El ebenfalls eine gute Figur, verkommt aber im weiteren Verlauf des Streifens im wahrsten Sinne des Wortes zum Wegweiser.

Die interessanteste Entdeckung war allerdings die deutsche Schauspielerin Antje Traue in der Rolle der Faora-Ul, der Adjutantin Zods. Anders als Sarah Douglas, die in Superman II als Ursa zu sehen war, spielt sie ihren Charakter nicht überzogen, sondern durchaus ihren Superkräften bewusst und erweist sich für ihre Kontrahenten als sehr harte Nuss. Traue ist auf jeden Fall eine Darstellerin, von der man mehr sehen möchte.

Eine klare Zäsur stellt auch der Soundtrack von Man of Steel dar. Nachdem die ganzen Filminkarnationen des Franchises sich dem grandiosen Leitmotiv von John Williams bedienten, wurde im Vorfeld schon relativ schnell klar, dass Hans Zimmer die Musik zu diesem Film machen würde. Kein Wunder, denn die Scores, die er zusammen mit James Newton Howard für die Dark Knight-Trilogie komponiert hat, waren mehr als passabel. Zimmers Ansatz für seine Superman-Version ist nicht weniger episch als der von John Williams, unterscheidet sich aber stilistisch vollkommen von einem rein symphonischen Score. Man merkt sofort die Mühe, die Zimmer in die Komposition gesteckt hat, denn seine notorischen Wiederholungen aus seinen anderen Werken findet man hier nur selten. Ein überraschendes Gesamtpaket mit dem der geneigte Fan richtig gut leben kann.

Meine Erwartungen an Man of Steel waren nach Superman Returns nicht sonderlich hoch, denn viel schlechter konnte es eigentlich nicht werten. Umso größer war meine Überraschung als sich mir ein sehr unterhaltsamer Film bot, der ein wenig neues Licht in einen wohlbekannten Charakter geworfen hat. Zwar vermisst man etwas die Handschrift von Zack Snyder, dafür hat er die Möglichkeit etwas Neues zu bieten, was ebenfalls zu gefallen weiß, auch wenn das letzte Drittel zur Materialschlacht ausartet. Sehenswert ist der Film allemal, wenn auch nicht unbedingt in 3D.


Keine Kommentare: